Offener Brief: Verlängerung der Weihnachtsferien, Aussetzen der Präsenzpflicht, schuleigene Lösungen bei Einschränkungen des Schulbetriebs

Erstellt von Martin Löwe | | Information

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Söder,
sehr geehrter Herr Kultusminister Professor Dr. Piazolo,

angesichts rasant steigender Infektionszahlen wird auch in Bayern diskutiert, ob die Weihnachtsferien vorgezogen und die Präsenzpflicht in der Schule ausgesetzt werden sollen.

Aussetzung der Präsenzpflicht

Letzteres hat der Bayerische Elternverband bereits in einer früheren Phase der Pandemie gefordert. Wir erinnern an diese Forderung und halten ausdrücklich daran fest! Den Familien muss unter den gegenwärtigen Umständen wieder ermöglicht werden, Kinder ohne Attest zuhause lernen zu lassen. Dies ist notwendig, um selbst zwischen Risiken und Nutzen des Schulbesuchs abzuwägen. Bisherige Elternrückmeldungen deuten darauf hin, dass vor allem diejenigen Familien davon Gebrauch machen werden, die ihr Kind zuhause gut unterstützen können.

Verlängerung der Ferien

Das Vorziehen der Weihnachtsferien, das u. a. die Leopoldina unterstützt, lehnen wir als BEV jedoch ab, denn es steht dem Bildungsauftrag und den elementaren Entwicklungsbedürfnissen der Schülerinnen und Schüler grob entgegen. Zu lange schon wurden Letztere eingeschränkt, zu viele Schäden sind bereits entstanden, Kinder- und Jugendpsychiatrien haben lange Warteschlangen. Dies darf sich nicht ausweiten!
Überdies scheint fraglich, ob vorgezogene Ferien die Ausbreitung des Virus nennenswert bremsen. Schließlich sind Kinder und Jugendliche die am besten kontrollierte Altersgruppe. Im richtigen Verhältnis zu den dadurch entstehenden Schäden steht eine solche Maßnahme in den Augen des BEV nicht. Im Ernstfall, so die Rückmeldungen an den BEV-Landesvorstand, solle lieber Distanzunterricht als gar kein Unterricht stattfinden - dies ist eine klare Absage an verlängerte Ferien!

Situationsangepasste Lösungen

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind die Determinanten für den Schulbetrieb nicht nur in den verschiedenen Landesteilen, sondern sogar innerhalb einzelner Landkreise oder Kommunen höchst unterschiedlich. Bayernweit gleiche Regelungen, die allenfalls an die Inzidenzzahlen angepasst sind, werden den unterschiedlichen Bedürfnissen vor Ort nicht gerecht. Situations- und bedarfsangepasste Lösungen sind akut nötiger denn je, um für die Kinder und Jugendlichen jeweils bestmögliche Bedingungen zu schaffen. Wir erneuern daher eine weitere unserer Forderungen aus der ersten Coronaphase:
Anstelle starrer Regelungen für alle Schulen soll jede Schulgemeinschaft eine für sich passende Lösung erarbeiten. Sie ist demokratisch im Schulforum - in der Grundschule einvernehmlich durch Schule und Elternbeirat - festzulegen und muss folgende Kriterien einbeziehen:
- das lokale und schulische Infektionsgeschehen,
- die technischen Möglichkeiten aller Beteiligten für Distanzunterricht,
- die hierfür vorhandenen Fähigkeiten der Lehrerschaft,
- die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler,
- die Möglichkeiten der Eltern bei Betreuung und häuslicher Unterstützung.
Jede Schule soll so den für sie richtigen Modus festlegen können, sei es Präsenz-, Wechsel-, Distanz- oder Hybridunterricht. Hierfür ist den Schulen ein Orientierungs- und Entscheidungsrahmen einzuräumen.

Erhöhung der Testfrequenz

Vor jeglichen Einschränkungen des Schulbetriebs ist die Testfrequenz bis hin zu täglichen Tests zu erhöhen, geimpfte wie auch genesene Personen sind einzubeziehen!

Großveranstaltungen unterbinden

Absolutes Unverständnis haben beim BEV die Bilder voller Fußballstadien vom letzten Wochenende ausgelöst, wo Fans dicht gedrängt ohne Masken jubelnd und schreiend Tröpfchen ausstoßen und sich in den Armen liegen. So lange dies erlaubt ist, kann der BEV die Verzweiflung und Wut der Eltern über unverhältnismäßige Belastungen von Kindern und Jugendlichen bei der Infektionsbekämpfung nur unterstreichen und verstärken. Wir verlangen entschieden, solchen Veranstaltungen einen Riegel vorzuschieben, bevor Teilhabe und Bildung leiden müssen!


Die Schäden für die nachwachsende Generation sind bereits jetzt unübersehbar und wirken sich auf ihre und unser aller Zukunft aus. Einschränkung an dieser Stelle muss daher die Ultima Ratio sein! Halten Sie Ihr Wort!

Mit freundlichen Grüßen
Martin Löwe, Landesvorsitzender