Stellungnahme zur Änderung des BayEUG

Erstellt von Martin Löwe und Henrike Paede | | Stellungnahme

Stellungnahme des Bayerischen Elternverbands zum Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes vom 12. Februar 2016

Sehr geehrte Frau Ministerialrätin Dobmeier,

der Bayerische Elternverband bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme.

Um letztere auf eine mehrheitliche Meinung von Eltern stützen zu können, haben wir ergänzend zur Diskussion unter unseren Mitgliedern zu einzelnen Punkten eine Erhebung an sämtlichen bayerischen Schulen aller Schularten durchgeführt. Sie wurde von rund 600 Elternbeiräten beantwortet, somit repräsentiert sie die Meinung von über 10% aller bayerischen Elternvertretungen. – Da die Auswertung noch nicht vollständig abgeschlossen ist, geben wir jeweils einen Näherungswert an.

In unsere Stellungnahme haben wir auch Änderungswünsche aufgenommen, die sich auf in der Neufassung unverändert übernommene Passagen beziehen.


Art. 30a Abs. 7 Nr. 3

In offenen Klassen der Förderschule, in denen auf der Grundlage der Lehrpläne der allgemeinen Schule unterrichtet wird, können Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf unterrichtet werden. …. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel können die Schulaufsichtsbehörden bei Förderzentren mit den Förderschwerpunkten Sehen, Hören oder körperliche und motorische Entwicklung … Schülerinnen und Schüler ohne Förderbedarf bis zu 20 v. H. der vom Staatsministerium festgelegten Schülerhöchstzahl je Klasse bei der Klassenbildung berücksichtigen.

Dies verhindert bislang den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne SPF an Förderschulen mit dem Schulprofil Inklusion, die nicht nach dem Lehrplan der allgemeinen Schule unterrichten (also Förderschwerpunkte G und L). Um den gemeinsamen Unterricht – im Sinne des Kernanliegens der Inklusion - zu ermöglichen, muss Art. 30a ergänzt werden um Nr. 4:

4. Offene Klassen an Förderschulen mit dem Profil Inklusion:

In Förderschulen aller Förderschwerpunkte mit dem Schulprofil Inklusion können Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf gemeinsam unterrichtet werden. Der Unterricht ist zieldifferent und berücksichtigt auch den Lehrplan der allgemeinen Schule.


Art. 32 Abs. 5 Satz 5

Ein Schulverbund bedarf der Zustimmung der beteiligten Schulen und der Gemeinden, deren Gebiet ganz oder teilweise in den Verbund einbezogen werden soll, gegenüber einem der zuständigen Schulaufwandsträger.

Bei der Errichtung eines Schulverbundes kann es zur Änderung von Sprengelgrenzen kommen. Solche können gemäß Art. 42 Abs. 2 nur im Benehmen mit den betroffenen Elternbeiräten angeordnet werden. Um den durch diese Maßnahme unmittelbar betroffenen Eltern ein Mitentscheidungsrecht einzuräumen, ist eine Ergänzung um Satz 6 notwendig:

Die Zustimmung der Schule kann nur im Einvernehmen mit deren Elternbeirat erfolgen.“


Art. 37 Abs. 3 Satz 2

Die Vollzeitschulpflicht endet nach neun Schuljahren. Sie kann durch Überspringen von Jahrgangsstufen verkürzt werden; durch Streckung von Jahrgangsstufen wird sie nicht verlängert.

Die Streckung von Jahrgangsstufen verstehen wir in Bezug sowohl auf Flexibilisierungsmaßnahmen wie die 'Flexible Grundschule' als auch auf das ‚Sitzenbleiben’. Wenn fix 9 Jahre Schulpflicht gelten, dann heißt das, dass jeder, der einmal sitzen geblieben ist, noch vor Erreichen des untersten schulischen Abschlusses aus der Schulpflicht ausscheidet. Hierin sehen wir die Gefahr, dass die Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss steigt. Wir fordern eine Regelung, die sicherstellt, dass jeder Jugendliche der Schulpflicht unterliegt, bis er einen Schulabschluss erworben oder diesen letztmalig nicht bestanden hat.


Art. 41 Abs. 5 Nr. 2

Kann der individuelle sonderpädagogische Förderbedarf … nicht hinreichend gedeckt werden und …
2. beeinträchtigt sie oder er die Rechte von Mitgliedern der Schulgemeinschaft erheblich,
besucht die Schülerin oder der Schüler die geeignete Förderschule.

Wir fordern die Streichung von Nr. 2, denn der Sachverhalt ist jetzt diskriminierungsfrei und zur Genüge in Art. 86 und 87 geregelt.


Art. 51 Abs. 4 Satz 2

Die Schule kann die Verwendung bestimmter übriger Lernmittel im Sinn des Art. 21 Abs. 3 Satz 1 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (BaySchFG) in Abstimmung mit dem Elternbeirat und bei Berufsschulen mit dem Berufsschulbeirat anordnen und hierbei insbesondere Höchstbeträge vorsehen.

Anstatt der weichen Formulierung "in Abstimmung" fordern wir ein wirkliches Mitbestimmungsrecht der Eltern durch die Formulierung "im Einvernehmen", da hier Eltern durch die gemeinsame Verantwortung für Bildung und Erziehung sowie finanziell unmittelbar betroffen sind.

Uns sind zudem Fälle bekannt, in denen Schulen in Zusammenarbeit mit privaten Trägern von Nachhilfeeinrichtungen an der Schule im Rahmen des Pflichtlehrplans durch externe Kräfte für die Eltern kostenpflichtige Unterrichtseinheiten abhalten lassen. Nicht selten schließen sich sogenannte ‚Beratungsgespräche’ der externen Kräfte außerhalb der Schule mit Eltern und Schülern an, in denen die Dienste der Nachhilfeeinrichtung den Eltern für Ihre Kinder ans Herz gelegt werden. Auch hier ist ein Mitbestimmungsrecht der Elternvertretung für die Durchführung solcher Maßnahmen dringend angezeigt.


Art. 52 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1

Wir fordern, Dyskalkulie zu den Nachteilsausgleich und Notenschutz erzeugenden Beeinträchtigungen hinzuzufügen.

Es kann nicht angehen, dass Schüler mit Dyskalkulie in ihrer sonstigen Bildungslaufbahn gebremst werden, weil die Möglichkeiten fehlen, ihren Lernprozess in Fächern, die mathematische Kompetenz erfordern, individuell anzupassen. Dies ist demotivierend, diskriminierend und zudem volkswirtschaftlich schädlich.


Art. 58 Abs. 3

Die Lehrerkonferenz hat die Aufgabe, die Erziehungs- und Unterrichtsarbeit sowie das kollegiale und pädagogische Zusammenwirken der Lehrkräfte an der Schule zu sichern.

In Bezug auf Belange der Erziehungs- und Unterrichtsarbeit fordern wir, dass Eltern im Sinne der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft hier Mitsprache- oder wenigstens Anhörungsrechte bekommen. Insofern sind Elternvertreter, wenigstens der oder die Vorsitzende des Elternbeirats, zu Tagesordnungspunkten, die Belange der Erziehungs- und Unterrichtsarbeit beinhalten, zur Lehrerkonferenz zu laden. Eine entsprechende Ergänzung in Absatz 2 ist notwendig.


Art. 64 Abs. 2 Satz 1

An allen Grundschulen und Mittelschulen werden Klassenelternsprecher gewählt; an Gymnasien, Realschulen und Wirtschaftsschulen beschließt der Elternbeirat, ob Klassenelternsprecher für alle oder einzelne Jahrgangsstufen der Schule als Helfer des Elternbeirats gewählt werden.

Diesen Unterschied im Verfahren zwischen Halbsatz 1 und Halbsatz 2 begrüßten nahezu alle von uns befragten Elternvertreter. 98 % der Befragten konnten jedoch nicht nachvollziehen, weshalb die Förderschulen von dieser Regelung ausgenommen sind und fordern die Wahl von Klassenelternsprechern auch an Förderschulen.

Diese Einrichtung halten wir an Förderschulen für besonders wichtig, damit die Eltern einer Klasse ein gemeinsames Sprachrohr bekommen. Auch im Sinne der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft sollte die Zusammenarbeit ein institutionelles Gesicht bekommen, um sie nicht der höchst unterschiedlichen Initiativkraft der einzelnen Schule zu überlassen.

Wir fordern daher, Satz 1 im ersten Halbsatz um die Förderschulen zu ergänzen oder diese wenigstens im zweiten Halbsatz aufzunehmen.


Art. 64 Abs. 2 Satz 2

Bestehen innerhalb einer Gemeinde oder eines Schulverbands jeweils mehrere Grundschulen, Mittelschulen oder Förderzentren, so wird für diese zusätzlich ein gemeinsamer Elternbeirat gebildet.

Zwar ist der gemeinsame Elternbeirat ursprünglich von Seiten des Sachaufwandsträgers als dessen zentraler Ansprechpartner intendiert, in der Praxis jedoch hat sich eine weitere wesentliche Aufgabe des gemeinsamen Elternbeirats gezeigt: Der Informations- und Meinungsaustausch zwischen den Elternbeiräten der einzelnen Schulen. Insofern ist nicht nachvollziehbar, weshalb nicht auch für Gymnasien, Realschulen und Wirtschaftsschulen ein solches Gremium bei Bestehen mehrerer gleicher Schularten innerhalb einer Gebietskörperschaft - ungeachtet dessen, dass diese ggf. unterschiedliche Sachaufwandsträger haben -, eingerichtet wird. In unserer Umfrage fordern etwa zwei Drittel der Befragten die Einrichtung gemeinsamer Elternbeiräte auch für Gymnasien, Realschulen und Wirtschaftsschulen. Wir fordern daher, Satz 2 entsprechend zu ergänzen.


Ergänzung des Art. 64

In Art. 62 Abs. 6 wird eine durchgängige Struktur der Schülervertretung von der einzelnen Schule bis zur Landesschülerkonferenz / Landesschülerrat aufgezeigt. Es erschließt sich uns nicht, weshalb der Gesetzgeber eine adäquate Struktur für die Elternvertretung nicht vorsieht. Daher fordern wir eine Ergänzung des Art. 64 um die schulartspezifische Einrichtung von Gremien der Elternvertretung auf Landkreis- und Regierungsbezirksebene bzw. Dienstbereiche der Ministerialbeauftragten sowie die Einrichtung einer Landeselternkonferenz / eines Landeselternrats in Analogie zur Schülervertretung, auch bezüglich der Aufgaben, Rechte und Finanzierung. Redaktionelle Ergänzungen wären hierdurch in Art. 65 und 66 notwendig.

Sollte die Einrichtung von Gremien der Elternvertretung auf Landkreis-, Regierungsbezirks- und Landesebene seitens des Gesetzgebers derzeit nicht gewollt sein, so fordern wir eine Ergänzung des Art. 64 um den Hinweis, dass eine überregionale Interessenvertretung der Eltern durch die Elternverbände gemäß Art. 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis zur Einrichtung eines Landeselternrats wahrgenommen wird.


Art. 65 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 6 und 13

Aufgabe des Elternbeirats ist es insbesondere, ... das Einvernehmen herzustellen

Diese Formulierung ist sachlich falsch. Niemand kann verpflichtet werden, andere zu einer Einigung zu bringen. Demnach kann dies weder zur Aufgabe des Elternbeirats noch der Schulleitung (wie von Herrn Richter im Mailwechsel vom 8.2.2016 dargestellt) gemacht werden. Zudem verleitet diese Formulierung anzunehmen, der Elternbeirat hätte in diesem Punkt keine andere Wahl, als zuzustimmen. Gemeint ist jedoch hoffentlich, dass die Meinung des Elternbeirats erhoben werden soll. Wir fordern daher eine auch für juristische Laien verständliche und eindeutige Formulierung und schlagen hierfür vor: „Aufgabe der Schulleitung ist es, eine Abstimmung herbeizuführen...“.


Art. 65 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7

sich im Rahmen der Abstimmung nach Art. 51 Abs. 4 Satz 2 zu äußern

Wir fordern auch hier das Einvernehmen mit dem Elternbeirat, da Eltern finanziell unmittelbar betroffen sind.


Art. 66 Abs. 1

Die hier vorgeschlagene Harmonisierung begrüßen wir, wenn diese auch unter unseren Mitgliedern und den von uns befragten Eltern kontrovers diskutiert wird und sich keine eindeutige Zustimmung ausmachen lässt. Es wird bezweifelt, dass hierdurch eine wirkliche Stärkung von Elternrechten erreicht wird. Zudem wird kritisch gesehen, dass hierdurch die bisher annähernd paritätische Vertretung der Jahrgangsstufen im Elternbeirat aufgeweicht wird.


Art. 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 7

Wir fordern die Formulierung „Konzept zur Bildungs- und Erziehungspartnerschaft“ (vgl. Text zu Art. 74 Abs. 1 Satz 2).


Art. 73 Abs. 4 Satz 1

Die Mitglieder nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 können im Rahmen des Landesschulbeirats einen Landeselternrat bilden.

Wir bitten um Konkretisierung, wie diese Bildung vonstatten gehen soll. Die vorliegende Formulierung erachten wir als wenig hilfreich für eine tatsächliche Umsetzung. Zudem erachten wir diese Regelung als juristisch fragwürdig, da die Elternverbände privatrechtliche Vereinigungen sind, die die Interessenvertretung auf ihre zahlenden Mitglieder beschränken können. Eine Zwangsmitgliedschaft der Eltern in den Elternverbänden würde in diesem Punkt mehr Gerechtigkeit herstellen, verstieße jedoch gegen das Grundgesetz.


Art. 74 Abs. 1 Satz 2

In einem schulspezifischen Konzept zur Erziehungspartnerschaft zwischen Schule und Erziehungsberechtigten erarbeitet die Schule die Ausgestaltung der Zusammenarbeit ...

Art. 65 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 spricht von der gemeinsamen Verantwortung der Eltern und Lehrkräfte für Bildung und Erziehung der Schülerinnen und Schüler, folglich erstreckt sich die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Eltern und Lehrkräften nicht ausschließlich auf die Erziehungsaufgabe. Wir fordern daher, „Konzept zur Bildungs- und Erziehungspartnerschaft“ zu formulieren. Gleiches gilt für Art. 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 7.

Weiter ist die Formulierung „erarbeitet die Schule die Ausgestaltung der Zusammenarbeit“ missverständlich. In uns bekannten Fällen hat die Schulleitung sich hierauf berufen, um unter Ausschluss der Elternvertretung ein Konzept zu erarbeiten. Wir fordern eine Formulierung, aus der deutlich wird, dass Eltern und Lehrkräfte dieses Konzept gemeinsam erarbeiten. Für eine wirkliche Partnerschaft ist dies unumgänglich. Dieses kann auch mit einem Verweis auf Art. 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 7 erreicht werden.


Art. 86 Abs. 2 Nr. 6 ff

der Ausschluss vom Unterricht bei Gefährdung von Rechten Dritter oder der Aufgabenerfüllung der Schule durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten (schulische Gefährdung),

Wir bitten zu beachten, dass Schulgesetze und -Verordnungen ganz überwiegend von juristischen Laien benützt werden. Sie müssen daher möglichst eindeutig abgefasst sein und dürfen nicht zu große Auslegungsspielräume eröffnen. - An dieser Stelle wird der Begriff „schulische Gefährdung“ zwar in einer Klammer einmalig eingeführt, wir bitten jedoch zu bedenken, dass gerade Laien die kleine Klammer leicht überlesen. Wenn er weiter unten wieder auftaucht, ist er bereits vergessen (Wir haben bereits Kenntnis von einer Fehlinterpretation des Begriffs „schulische Gefährdung“ im Sinne von „Gefährdung des schulischen Erfolgs eines Schülers“!), Im Interesse der leichten Anwendung und aus Sorge, dass das Überlesen der Klammer zu weiteren abwegigen Auslegungen führt, bitten wir Sie, auf den Ausdruck „schulische Gefährdung“ zu verzichten und ihn jeweils durch „Gefahr für die Rechte Dritter oder die Aufgabenerfüllung der Schule durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten“ zu ersetzen. - Abgesehen davon ist der Begriff „schulische Gefährdung“ schon allein wegen seiner sprachlichen Unschärfe abzulehnen.


Art. 87 Abs. 2

Beeinträchtigt das Verhalten der Schülerin bzw. des Schülers den Bildungsanspruch der Mitschülerinnen und Mitschüler schwerwiegend und dauerhaft oder wäre eine solche Beeinträchtigung zu erwarten, kann bei einer Ordnungsmaßnahme nach Art. 86 Abs. 2 Nr. 7 auch entschieden werden, dass …

Das Wort „wäre“ ist sprachlich nicht greifbar und erweitert den Auslegungsspielraum der Vorschrift unangemessen und unkalkulierbar. Wir fordern, den begonnen Satz so fortzusetzen: … „oder gibt es konkrete Anhaltspunkte für eine künftige Beeinträchtigung“.

Begründung: Ohne die Formulierung konkreter Anhaltspunkte für eine Gefahr oder Beeinträchtigung ist der Willkür Tür und Tor geöffnet. Beispiel: Ein Lehrer hat mit einem Schüler Schwierigkeiten und ärgert sich unter anderem, dass der Schüler ständig mit einem Feuerzeug spielt. Weil jener ohnehin vollkommen entnervt ist, (er-)findet er nun, dass durch das Spielen mit dem Feuerzeug ein Brand entstehen könnte. Dies würde eine Auslegung nach der Formulierung „wäre“ zulassen. Hat der Lehrer jedoch Kenntnis, dass der Schüler z. B. eine Flasche Benzin mit in die Schule gebracht hat und überdies geäußert hat, er wolle „die Bude abfackeln“, so liegen konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr oder Beeinträchtigung vor.


Art. 88 Abs. 3

Im kompletten Abs. 3 bleibt unklar, von wem der betroffene Schüler, die Erziehungsberechtigten, die Beratungslehrkraft etc. angehört werden müssen.

Wir fordern, Abs. 3 Satz 1 wie folgt zu ändern: „Vor der jeweiligen Entscheidung hört die Person oder das Gremium, das die Maßnahme verantwortet, folgende Person/en an: …


Art. 88 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3

die Beratungslehrkräfte oder Schulpsychologen, soweit es für die Entscheidung über Maßnahmen nach Art. 86 Abs. 2 Nr. 9 bis 12 und Art. 87 Abs. 2 erforderlich erscheint.

Wir fordern, Beratungslehrkräfte oder Schulpsychologen in jedem Fall anzuhören, nicht nur wenn es "erforderlich erscheint". Schließlich sind diese Professionen gerade deswegen an Schulen, um bei Verhaltensproblemen von Schülern ihre besondere Kompetenz einzubringen. Sie zu übergehen, wäre so, als wenn man beim Auftreten einer Sehstörung den Augenarzt für nicht erforderlich erachtete.

Sie sind es, die in die Hintergründe des Fehlverhaltens blicken können und gezielte Hilfe leisten können.


Art. 88 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3

Das alte BayEUG sieht in Art. 86 Abs. 10 bei bestimmten Ordnungsmaßnahmen nach Abs. 2 vor, dass der Elternbeirat auf Antrag des Schülers oder seiner Eltern eine Stellungnahme abzugeben hat. Diese musste bei der Entscheidung gewürdigt werden und sie musste dem Vorschlag der Lehrerkonferenz an die Schulaufsichtsbehörde beigefügt werden. Das neue BayEUG sieht bei Ordnungsmaßnahmen auf Antrag des betroffenen Schülers bzw. seiner Erziehungsberechtigten nunmehr lediglich eine Anhörung des Elternbeirats vor.

Dies kommt einem Abbau der Mitwirkung der Elternvertretung gleich, denn eine Anhörung ist weniger als eine Stellungnahme, vor allem aber kann sie nirgends beigefügt werden. Somit verschwindet die Meinung des Elternbeirats auf dem Weg in die Schulaufsichtsbehörde einfach. Wir fordern daher die Beibehaltung des alten Verfahrens.

Dies haben in unserer Umfrage knapp 75 % der Eltern befürwortet.


Art. 88 Abs. 3 Satz 3

Vor jeder Entscheidung oder einem Antrag der Lehrerkonferenz über Ordnungs- und Sicherungsmaßnahmen können die Schülerin bzw. der Schüler sowie die Erziehungsberechtigten auf Antrag in der Konferenz persönlich vortragen.

Wir fordern, Satz 3 abzuändern in: „Vor jeder Entscheidung oder einem Antrag der Lehrerkonferenz über Ordnungs- und Sicherungsmaßnahmen sind die Schülerin bzw. der Schüler sowie die Erziehungsberechtigten auf Antrag in der Konferenz persönlich anzuhören.

Hintergrund dieser Forderung ist, dass wir Wert auf ein ausdrückliches Recht auf Anhörung legen.


Art. 88 Abs. 4

Die Unterrichtung des Elternbeirats über Ordnungs- oder Sicherungsmaßnahmen ist weder im alten noch im neuen BayEUG vorgesehen. Bildungs- und Erziehungspartnerschaft kann jedoch nicht funktionieren, wenn sie der Beliebigkeit und Unsicherheit einzelner Schulkonzepte zur Gänze überlassen wird. Sie braucht auch eine rechtliche Grundlage. Anders gesagt: Wenn der Elternbeirat derart wichtige Vorgänge an seiner Schule nicht kennt und ihm die Informationen vorenthalten werden, bleibt das Oben-Unten-Gefälle zwischen Schule und Eltern bestehen.

Daher fordern wir, in Art. 88 Abs. 4 zu fixieren, dass der Elternbeirat über sämtliche Ordnungs- und Sicherungsmaßnahmen, welche der Entscheidung oder des Antrags der Lehrerkonferenz bedürfen, zu unterrichten ist. Dies befürworten in unserer Umfrage rund 90% der Eltern.


Art. 88

Wir fordern, einen eigenen Absatz einzufügen:

Schließt eine Schule einen Schüler länger als eine Woche vom Unterricht aus, so muss sie dafür sorgen, dass die/der Betroffene während der Zeit des Ausschlusses pädagogisch sinnvoll beschäftigt ist (z. B. Auszeitklasse, Praktikum, Sozialdienst).

Begründung: Wenn Schüler während ihres Ausschlusses auf der Straße „abhängen“, wird wertvolle Zeit und die Möglichkeit verschenkt, in der sie durch Erleben ihrer Selbstwirksamkeit im außerschulischen Kontext ihr Verhalten in Frage zu stellen lernen!


Art. 88 Abs. 5

Wir fordern die explizite Zustimmung der Jugendhilfe.

Wichtige Anmerkung zur BaySchO:

§ 23 Verbot von Rauschmitteln, Sicherstellung von Gegenständen, Abs. 2

Das Mitbringen und Mitführen von gefährlichen Gegenständen sowie von sonstigen Gegenständen, die den Unterricht oder die Ordnung der Schule stören, ist den Schülerinnen und Schülern untersagt. Derartige Gegenstände können weggenommen und sichergestellt werden. Die Rückgabe darf bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern nur an die Erziehungsberechtigten erfolgen.“

Das Wegnehmen von Gegenständen, die den Unterricht oder die Ordnung der Schule stören, ist eine grundrechtsbeschränkende Maßnahme. In der BaySchO ist sie rechtlich nicht ausreichend abgesichert - wir dürfen in diesem Zusammenhang auf das Gerichtsverfahren verweisen, das unlängst für den Notenschutz eine gesetzliche Regelung verlangte. Wir empfehlen auch hier dringend die Verlagerung ins BayEUG.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Löwe, Landesvorsitzender
Henrike Paede, Stellvertretende Landesvorsitzende